Quantcast
Channel: Rechtslupe » Botschaftsangestellte
Viewing all articles
Browse latest Browse all 5

Botschaftsangestellte – internationale Zuständigkeit deutscher Arbeitsgerichte und die Staatenimmunität

$
0
0

Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz des Völkerrechts mit dem Inhalt, für gerichtliche Verfahren – auch in Zusammenhang mit hoheitlicher Tätigkeit – bestehe Staatenimmunität nur dann, wenn mit der Durchführung des Verfahrens die Sicherheitsinteressen des fremden Staates beeinträchtigt sein könnten. Im Übrigen wäre eine solche Beeinträchtigung bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der Regel indiziert.

Die Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit ist eine allgemeine Verfahrensvoraussetzung. Ihr Bestehen und ihre Grenzen sind als Rechtsfragen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Die Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit stellt ein Verfahrenshindernis dar. Genießt die beklagte Partei Immunität und hat sie hierauf nicht verzichtet, ist die Klage durch Prozessurteil abzuweisen.

Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht als Bestandteil des Bundesrechts (Art. 25 GG) sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten insoweit nicht unterworfen, wie ihre hoheitliche Tätigkeit betroffen ist. Es ist mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus abgeleiteten Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht zu vereinbaren, dass ein deutsches Gericht hoheitliches Handeln eines anderen Staates rechtlich überprüft. Andernfalls könnte die rechtliche Prüfung durch die inländischen Gerichte eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns erfordern mit der Folge, dass die ungehinderte Erfüllung der Aufgaben der Botschaft oder des Konsulats des anderen Staates beeinträchtigt wäre. Demgegenüber besteht keine allgemeine Regel des Völkerrechts, welche die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen gegen einen ausländischen Staat ausschlösse, in denen seine nicht-hoheitliche Betätigung zur Beurteilung steht.

Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nach dem rechtlichen Charakter der umstrittenen staatlichen Handlung oder des streitigen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt oder wie eine Privatperson tätig geworden ist. In Ermangelung völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist diese Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht am Sitz des entscheidenden Gerichts vorzunehmen. Ungeachtet seiner ist stets hoheitlich nur das staatliche Handeln, das dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist. Zu ihm gehören die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege.

Für die Einordnung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten zwischen außereuropäischen Staaten und dem in deren Vertretungen beschäftigten Personal fehlt es an gesetzlichen Regeln. Für die Einordnung ist deshalb maßgebend, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Art nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind. Dies wiederum richtet sich nicht nach der rechtlichen Form der Rechtsbeziehung als entweder privatrechtlicher Vertrag oder öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis. Vielmehr kommt es auf den Inhalt der ausgeübten Tätigkeit und deren funktionalen Zusammenhang mit diplomatischen und konsularischen Aufgaben an. Dem entspricht mit Blick auf Art. 6 EMRK die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der darauf abstellt, ob die Aufgaben des Arbeitnehmers objektiv etwas mit hoheitlichen Interessen des ausländischen Staates zu tun haben.

Die Frage, welche Partei die objektive Beweislast für die Eröffnung der bzw. die Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit trägt, wird nicht einheitlich beantwortet.

Das Bundesarbeitsgericht hat angenommen, die klagende Partei sei im Erkenntnisverfahren nach den allgemeinen Regeln für die Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit darlegungs- und beweispflichtig. Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage offengelassen. Der Bundesgerichtshof geht für Fälle, in denen sich der ausländische Staat auf Vollstreckungsimmunität beruft, von einer diesen treffenden Darlegungs- und Beweislast aus, billigt ihm aber Darlegungserleichterungen zu.

Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, der sich auf seine Immunität berufende Staat sei für deren Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig. Die Immunität sei eine Ausnahme vom Grundsatz der unbeschränkten Gerichtsbarkeit. Die Gegenmeinung verweist auf die ihm günstige Ausgangsposition des ausländischen Staates, der sich auf ein Verfahren, in dem er Immunität genieße, grundsätzlich nicht einzulassen brauche.

Der Streitfall verlangt keine abschließende Festlegung des Bundesarbeitsgerichts:

Unabhängig von der Verteilung der objektiven Beweislast dürfen an eine daraus resultierende – sei es eine primäre, sei es sekundäre – Erklärungspflicht des ausländischen Staates keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es reicht zunächst aus, dass er eine Tätigkeit des klagenden Arbeitnehmers aufzeigt, die prima facie einen funktionalen Zusammenhang mit konsularischen Aufgaben indiziert. Das folgt aus dem mit der Staatenimmunität verfolgten Ziel. Die Anforderungen an die Substantiierungslast im Prozess dürfen nicht dazu führen, dass der Staat, der sich auf Immunität beruft, auf prozessrechtlichem Wege zur Aufgabe des ihm eingeräumten Vorrechts gezwungen wird, indem er Einzelheiten der behaupteten – hoheitlichen – Tätigkeit preisgeben müsste. Hat er sich auf die Erbringung von Aufgaben berufen, deren funktionaler Zusammenhang mit dem hoheitlichen Aufgabenbereich der Botschaft oder des Konsulats nahe liegt, so bedarf es zunächst keiner weiter gehenden Erläuterung des Staates, worin die fraglichen Aufgaben konkret bestehen. Will der Arbeitnehmer dieser Indizwirkung entgegentreten, muss er Umstände aufzeigen, die gegen den hoheitlichen Charakter der Tätigkeit sprechen. Durch eine solche Erklärungspflicht wird er nicht überfordert, weil er – wenn das Arbeitsverhältnis aktiv gelebt worden ist – hinreichenden Einblick in die für die Beurteilung maßgebenden Tatsachen hat.

Der sie treffenden – unterstellt primären – Darlegungslast ist die beklagte Botschaft im hier entschiedenen Fall nachgekommen. Aus ihrem Vorbringen ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit der Angestellten dem hoheitlichen Bereich des Konsulats zuzuordnen ist.

Die Arbeitnehmerin hat als „Secretaria Ejecutiva“ ie Position einer „Chefsekretärin“ innegehabt. Damit liegt die Annahme fern, die Angestellte habe im konsularischen Bereich allenfalls Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung wahrgenommen. Nach dem für die deutsche Arbeitswelt typischen Aufgabenzuschnitt einer „Chefsekretärin“ ist vielmehr indiziert, dass sie in Ausübung ihrer Tätigkeit mit amtlichen Geschäften der Konsulatsleitung in Berührung kam und von deren Inhalt Kenntnis erlangte. In einem solchen Fall spricht eine Vermutung für einen funktionalen Zusammenhang mit dem hoheitlichen Aufgabenbereich des Konsulats. Der durch die Staatenimmunität bezweckte Schutz der Souveränität des Staates wäre unvollkommen, wenn die Gerichte eines fremden Staates berufen wären, zwar nicht über das Rechtsverhältnis mit dem eigentlichen Entscheidungsträger in konsularischen Angelegenheiten, aber doch über das mit einer maßgeblichen ausführenden Kraft zu urteilen.

Ein hoheitlicher Charakter der Tätigkeit ist ebenso indiziert, soweit der Arbeitnehmerin die „Leitung der Kulturabteilung“ des Konsulats oblegen hat. Gemäß Art. 5 Buchst. b und c des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24.04.1963 zählt zu den konsularischen Aufgaben, die Entwicklung kultureller Beziehungen zwischen dem Entsendestaat und dem Empfangsstaat zu fördern und sich über das kulturelle Leben im Empfangsstaat zu unterrichten. Zwar sind kulturelle Aktivitäten außerhalb eines zwischenstaatlichen „offiziellen“ Kulturaustauschs in der Regel nicht-hoheitlicher Natur. Angesichts der typischen konsularischen Aufgabe der Förderung des zwischenstaatlichen Kulturaustauschs wäre es aber verfehlt, von dem ausländischen Staat im Hinblick auf einen Arbeitnehmer, dem vertragsgemäß die „Leitung der Kulturabteilung“ übertragen ist, weitere Darlegungen zum hoheitlichen Charakter der Tätigkeit zu verlangen. Vielmehr ist indiziert, dass die Aufgaben in funktionalem Zusammenhang mit originären, nicht nur untergeordneten konsularischen – und damit hoheitlichen Aufgaben – stehen. Ohne substantiierten Gegenvortrag des Arbeitnehmers besteht kein Anlass anzunehmen, er habe die in Rede stehende Tätigkeit ohne eigenen Handlungsspielraum nur nach konkreten Weisungen im Einzelfall wahrgenommen.

Die Angestellte durfte sich danach nicht auf die pauschale Behauptung beschränken, sie habe lediglich „untergeordnete“ Aufgaben wahrgenommen. Es genügte nicht, dafür beispielhaft auf Reisebuchungen und das Besorgen von Geschenken zu verweisen. Die Angestellte hätte ihre Tätigkeiten zumindest der Art und dem groben Inhalt nach umfassend darstellen müssen. Nur so ermöglichte sie eine abschließende qualitative und quantitative gerichtliche Beurteilung ihrer Aufgaben. Das ist nicht geschehen. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass sich der beklagte Staat für die Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit nicht nur auf die vertraglichen Vereinbarungen, sondern auch auf die Tätigkeitsbeschreibung in dem „Formular für lokale Mitarbeiter – Jahr 2008“ berufen und behauptet hat, die Angestellte habe die dort genannten Aufgaben tatsächlich wahrgenommen. Deren Einwand, die fragliche Beschreibung stamme nicht von ihr, sondern sei „im Jahr 2008 von dem damaligen Konsul festgesetzt worden“, lässt nicht erkennen, welche der Tätigkeiten sie nicht ausgeführt habe. Soweit die Angestellte in Abrede gestellt hat, als „Beauftragte für Politik und Kultur“ tätig geworden zu sein, bedurfte dies angesichts der festgestellten Aufgabe der „Leitung der Kulturabteilung“ der näheren Erläuterung.

Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz des Völkerrechts mit dem Inhalt, für gerichtliche Verfahren – auch in Zusammenhang mit hoheitlicher Tätigkeit – bestehe Staatenimmunität nur dann, wenn mit der Durchführung des Verfahrens die Sicherheitsinteressen des fremden Staates beeinträchtigt sein könnten. Im Übrigen wäre eine solche Beeinträchtigung bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der Regel indiziert.

Eine derartige Anforderung ergibt sich nicht aus Art. 11 Abs. 2 Buchst. d des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 02.12 2004. Das Abkommen ist bisher nicht in Kraft gesetzt. Die nach Art. 30 Abs. 1 des Abkommens dafür erforderlichen 30 Ratifikationen sind noch nicht erfolgt, laut Internetauskunft der Vereinten Nationen liegen bislang 16 Ratifikationen vor. Unabhängig von der Frage, ob die in dem Abkommen enthaltenen Regeln universelles Völkergewohnheitsrecht darstellen, gibt dieses für die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts nichts her. Zwar ist nach seinem Art. 11 Abs. 2 Buchst. d die nach Art. 11 Abs. 1 für arbeitsrechtliche Streitigkeiten eröffnete Gerichtsbarkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeit ganz oder teilweise zu leisten ist, dann nicht gegeben, wenn Gegenstand des Verfahrens die Entlassung oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist und das Verfahren nach Feststellung des Staats- oder Regierungschefs oder des Außenministers des Staates, der die Arbeitgeberstellung innehat, dessen Sicherheitsinteressen zuwiderliefe. Damit ist aber nicht gesagt, dass andernfalls eine Staatenimmunität stets zu verneinen wäre. Diese kann sich aus weiteren, in Art. 11 Abs. 2 des Übereinkommens geregelten Ausnahmen ergeben. Zu diesen zählt der Umstand, dass der Arbeitnehmer eingestellt worden ist, um bestimmte Aufgaben in Ausübung von Hoheitsgewalt des ausländischen Staates zu erfüllen.

Auch der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19.07.2012 ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Der Unionsgerichtshof geht von einer „internationalen Praxis“ aus, nach der Staatenimmunität allgemein anerkannt ist, wenn der Rechtsstreit acta iure imperii betrifft, sie aber ausgeschlossen sein kann, wenn sich das gerichtliche Verfahren auf acta iure gestionis bezieht, die nicht unter die hoheitlichen Befugnisse fallen. Auf dieser Grundlage ist er zu dem Ergebnis gelangt, der völkergewohnheitsrechtliche Grundsatz der Staatenimmunität stehe der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) dann nicht entgegen, wenn sich ein Arbeitnehmer gegen die Kündigung seines mit einem fremden Staat geschlossenen Arbeitsvertrags wehre und das angerufene Gericht feststelle, dass die geschuldeten Aufgaben nicht unter die Ausübung hoheitlicher Befugnisse fielen, oder wenn die Klage nicht mit den Sicherheitsinteressen des Staates kollidieren könne. Dabei sei es Sache des angerufenen nationalen Gerichts zu bestimmen, welche Art von Aufgaben der Arbeitnehmer tatsächlich verrichte.

Die Entscheidung bezieht sich auf Rechtsfragen betreffend den Anwendungsbereich der EuGVVO. Diese wiederum regelt die internationale Zuständigkeit der Gerichte gegenüber einem Beklagten, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat, nicht aber die Voraussetzungen, unter denen Staatenimmunität anzunehmen ist. Die Entscheidung ist zudem nicht dahin zu verstehen, der in Anspruch genommene Staat könne sich in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten unabhängig von der Art der Tätigkeit auf Immunität nur berufen, wenn die Durchführung des Verfahrens seinen Sicherheitsinteressen zuwiderlaufe.

Der beklagte Staat kann auf seine Staatenimmunität verzichten. Die Möglichkeit eines solchen Verzichts ist allgemein anerkannt. Der Verzicht kann allgemein oder für einen konkreten Rechtsstreit erklärt werden. Er kann in einem privatrechtlichen Vertrag enthalten sein und – als konkludente Erklärung – auch darin liegen, dass sich der ausländische Staat auf die Streitigkeit einlässt, ohne seine Immunität geltend zu machen. Die Annahme, ein solcher Verzicht sei erklärt worden, unterliegt allerdings strengen Anforderungen. Die Umstände des Falls dürfen in dieser Hinsicht keine Zweifel lassen.

Soweit die Parteien für ihr Arbeitsverhältnis die Anwendung deutschen Rechts vereinbart haben, liegt darin – für sich genommen – kein Verzicht der Beklagten auf ihre Staatenimmunität. Eine entsprechende – konkludente – Erklärung kann ebenso wenig darin erblickt werden, dass sie überhaupt Kündigungsgründe vorgebracht hat. Dies geschah erkennbar vorsorglich. In erster Linie hat sie sich auf ihre Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit berufen.

Ein konkludenter Verzicht auf Immunität kann auch in einer Regelung des Arbeitsvertrags liegen, in der sich die Vertragsparteien verpflcihten, eden Konflikt im Zusammenhang mit einer Nichterfüllung des Vertrags einvernehmlich vorab beizulegen. Falls „keine Lösung gefunden [würde]“, sollte die Möglichkeit bestehen, „nachfolgend die zuständigen Justizbehörden [anzurufen]“. Zwar ist nicht ausdrücklich von der Möglichkeit einer Inanspruchnahme deutscher Gerichte die Rede. Ganz auszuschließen ist ein solches Verständnis und ein ggf. mit ihm einhergehender stillschweigender Verzicht auf Immunität in Bestandsstreitigkeiten, zumal vor dem Hintergrund der Vereinbarung deutschen Rechts – aber nicht.

Sollte das Landesarbeitsgericht nach erneuter Prüfung zu dem Schluss gelangen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben, wird das Urteil des Arbeitsgerichts, durch das der Einspruch der Beklagten verworfen worden ist, abzuändern, das Versäumnisurteil vom 21.02.2012 – unter Wiedereinsetzung der Beklagten in die Einspruchsfrist – aufzuheben und die Klage durch Prozessurteil abzuweisen sein.

Es kann dahinstehen, ob eine unter Verkennung der Staatenimmunität ergangene gerichtliche Entscheidung nichtig und damit wirkungslos ist, oder ob sie mit den zulässigen Rechtsmitteln lediglich angefochten werden kann.

Die beklagte Republik hat im Streitfall gegen das – aus ihrer Sicht – völkerrechtswidrige Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und sich im Einspruchsverfahren ausdrücklich auf ihre Exemtion von der deutschen Gerichtsbarkeit berufen. Auch nach Versäumung der Einspruchsfrist muss sie die Möglichkeit haben, im noch laufenden Erkenntnisverfahren eine Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit zur Geltung zu bringen. Sie kann nicht auf die Möglichkeit einer Nichtigkeitsklage oder gar darauf verwiesen werden, eine Staatenimmunität ggf. im Vollstreckungsverfahren anzubringen. Falls erforderlich muss ihr – was zumindest bis zum Ablauf der Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO möglich ist – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Dabei wird davon auszugehen sein, dass die Fristversäumnis – auch die Versäumung der Frist für eine Wiedereinsetzung – durch eine von der deutschen Gerichtsbarkeit befreite Partei unverschuldet ist. Da hier die Frist des § 234 Abs. 3 ZPO noch nicht verstrichen war, wird offenbleiben können, ob eine Verkennung der Staatenimmunität auch ohne eine Wiedereinsetzung im Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelverfahren – jedenfalls bis zur Grenze der Verwirkung – geltend gemacht werden kann.

Sollte die deutsche Gerichtsbarkeit eröffnet sein, ist auch von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte auszugehen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 2 AZR 1004/13


Viewing all articles
Browse latest Browse all 5

Latest Images

Trending Articles